Bildungsverständnis

Unsere Schule soll ein Ort sein, an dem sich die Kinder im Gleichgewicht mit ihrer inneren Natur und den sie umgebenden Bedingungen entwickeln und weitestgehend angstfrei und selbstbestimmt wachsen können. Bildung verstehen wir als einen lebenslangen Prozeß der Kommunikation zwischen großen und kleinen Menschen, indem alle von den Erfahrungen der anderen lernen können. Wir halten es für wichtig, daß jeder Mensch dabei selbstbestimmt tätig wird (aktives Lernen), nicht nur ihm vorgegebene Inhalte abarbeitet. Deshalb bestimmen sich die Lerninhalte primär aus den Erfahrungen und Bedürfnissen der Kinder.Wir vertrauen auf die natürliche und lebendige Kraft, die jedem Kind innewohnt, sein eigenes Leben selbstbestimmt aufzubauen. Jeder Mensch ist einzigartig und unersetzbar. In allen Phasen seines Lebens ist er ganz und seine Würde unantastbar. Er ist als Kind kein Nochnichterwachsener und als alter Mensch kein Nichtmehrerwachsener – er ist in seinem ganzen Leben ein empfindendes, fühlendes, strebendes, denkendes, lernendes, ganzheitlich handelndes Wesen.

Ungeachtet von Nationalität, Geschlecht, sozialer Herkunft, Religion, intellektuellem Niveau oder Lebensanschauung hat jeder Mensch das Recht, eine eigene Identität zu entwickeln, die sich durch ein angemessenes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen ausdrückt. Niemand hat das Recht, einem anderen Menschen seine Vorstellungen aufzuzwingen. Das Kind wird als Ganzheit gesehen, dessen grundlegende Bedürfnisse und Fähigkeiten es zu berücksichtigen, zu fördern, freizulegen gilt, damit es immer besser erkennt, wer es sein will und wie es mit anderen zusammenleben will.

In jedem Menschen lebt von Anfang an das Bedürfnis nach Verstandenwerden, nach Geliebtwerden, danach, so sein zu dürfen wie man ist und das selber entdecken zu können. Selbst-Bewusstsein bildet sich aus der Selbst-Erfahrung, die zunächst Erfahrung des Anderen ist, der das Bild eines liebenswürdigen ‘Selbst’ hat und verlässlich erfahrbar anbietet. Wo diese grundlegende Bildungserfahrung gemacht wurde, ermöglicht sie zukünftige Begegnungsbereitschaft und -fähigkeit. Wo nicht, führt dies zu zwanghafter Abwehr anderer und/oder suchthaften Bemächtigungs- und Verschmelzungsversuchen.

Die Fähigkeit, sich selbst zu erfahren und Verantwortung für sich und das Leben zu übernehmen, ist in jedem Menschen angelegt. In jedem Menschen lebt ursprünglich das Bedürfnis nach gelingender Kommunikation, nach glück- und sinnstiftenden Beziehungen. Nur die Erfahrung eigener Geborgenheit eröffnet die Fähigkeit, an einem Welt- und Zukunftsbild festzuhalten, das das eigene Dasein als lebenswert empfindet, auch wenn die Alltagserfahrungen oft dagegen sprechen. Ohne gelingende soziale Beziehungen, ohne die Rückbindung des Menschen an seinen Ursprung, an sein gesellschaftliches und natürliches Umfeld, an seine Mitwelt ist eigene Identität nicht zu finden. Vor dem Hintergrund dieses Menschenbildes fühlt sich die Freie Schule Pankow den Grundprinzipien der individuellen Freiheit und der sozialen Offenheit verpflichtet, die als spannungsvolle Einheit das Leben an der Schule bestimmen sollen und gleichzeitig einen partnerschaftlichen und kreativen Umgang mit Problemen und Konflikten erlernbar machen.

Leitgedanken für die Freie Schule Pankow sind deshalb:
  • ein Menschenbild, das allen kleinen und großen Menschen ihre unantastbare Würde und das Recht auf Selbstbestimmung zubilligt und das Kind nicht als defizitäres Objekt von Erziehung betrachtet,
  • ein Bildungsbegriff, der Bildung als lebenslangen Prozess der Kommunikation zwischen großen und kleinen Menschen versteht, in dem sich Erwachsene und Kinder als Partner begegnen und in dem alle von den Erfahrungen der anderen lernen können,
  • die Erfahrung, dass Lernen letztlich nie planbar ist und dass Lernen unter Zwang, das Lernenmüssen von außen übergestülpter Lernformen und – inhalte zum Verlernen und zum Verkümmern der Bildungsfähigkeit des Menschen führt,
  • die Erkenntnis, dass Bildungsfähigkeit, Neugier, Entdeckungsfreude, Begegnungsfähigkeit und – bereitschaft, schöpferische Phantasie und Einfühlsamkeit nur wachsen können in einer Atmosphäre des Vertrauens, der Geborgenheit, des Verstanden- und Akzeptiertwerdens.

Die Freie Schule Pankow sieht sich in ihrem bildungspolitischen und pädagogischen Selbstverständnis vor allem in der Tradition der ‘Freien Alternativschulen’. Die 1989 in Wuppertal verabschiedete Erklärung des Bundesverbandes der Freien Alternativschulen zu den Zielvorstellungen von Freien Schulen präzisiert unseren besonderen pädagogischen Anspruch:

1. Die gesellschaftlichen Probleme der Gegenwart und Zukunft (Ökologie, Kriege, Armut, usw.) sind auf demokratische Weise nur von Menschen zu lösen, die Eigenverantwortung und Demokratie leben können. Alternativschulen versuchen, Kindern, Lehrern und Eltern die Möglichkeit zu bieten, Selbstregulierung und Demokratie im Alltag immer wieder zu erproben. (…)
6. Alternativschulen wollen über die Aneignung von Wissen hinaus emanzipatorische Lernprozesse unterstützen, die für alle Beteiligten neue und ungewohnte Erkenntniswege eröffnen. Sie helfen Voraussetzungen zur Lösung gegenwärtiger und zukünftiger gesellschaftlicher Probleme zu schaffen.

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